2016 VdA fordert Alternative zur Senkung des Rundfunkbeitrags

Rundfunk

2016 VdA fordert Alternative zur Senkung des Rundfunkbeitrags

In der Debatte um die Senkung des Rundfunkbeitrags plädieren acht Kreativverbände der Filmwirtschaft auf Initiative des VdA in einem Offenen Brief für „Mehr Investitionen für ein besseres Programm – Eine Alternative zur Senkung des Rundfunkbeitrags“. Der Brief richtet sich an die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder und an den Regierenden Bürgermeister von Berlin, den Präsidenten des Bremer Senats und den Ersten Bürgermeister der Hansestadt Hamburg.

 

Mehr Investitionen für ein besseres Programm Eine Alternative zur Senkung des Rundfunkbeitrags

 

An die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten von:
Baden-Württemberg, Herrn Winfried Kretschmann
Bayern, Herrn Horst Seehofer
Brandenburg, Herrn Dietmar Woidke
Hessen, Herrn Volker Bouffier
Mecklenburg-Vorpommern, Herrn Erwin Sellering
Niedersachsen, Herrn Stephan Weil
Nordrhein-Westfalen, Frau Hannelore Kraft
Rheinland Pfalz, Frau Malu-Dreyer
Saarland, Frau Annegret Kramp-Karrenbauer
Sachsen, Herrn Stanislaw Tillich
Sachsen-Anhalt, Herrn Reiner Haseloff
Schleswig-Holstein, Herrn Torsten Albig
Thüringen, Herrn Bodo Ramelow

An:
den Regierenden Bürgermeister von Berlin, Herrn Michael Müllerden Präsidenten des Bremer Senats, Herrn Carsten Sielingden Ersten Bürgermeister der Hansestadt Hamburg, Herrn Olaf Scholz

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

wenn Sie am 16. Juni über die Höhe des Rundfunkbeitrags befinden, bitten wir Sie nachdrücklich, die folgenden Überlegungen in Ihre Entscheidung einzubeziehen:

Eine Senkung des Rundfunkbeitrags um 30 Cent pro Haushalt wird von den Bürgern lediglich als symbolischer Akt gesehen werden. Dem einzelnen Beitragszahler verschafft dieser Schritt keinen spürbaren finanziellen Vorteil. Angesichts des steigenden Finanzbedarfs der Sender, bei dem der eigentliche Programmaufwand momentan gerade einmal 40% beträgt, halten wir eine zusätzliche Investition in die Produktion fiktionaler Programme (deren Etats leider noch immer im Schatten der Ausgaben für Sportrechte stehen) für dringend notwendig.

Wir möchten an dieser Stelle die seit mehreren Gebührenperioden fortschreitenden Einsparungen bei Auftragsproduktionen und Kino-Koproduktionen im fiktionalen Bereich in Erinnerung rufen.

Im fiktionalen Programmbereich sind in den letzten zehn Jahren zum Einen weniger Filme in Auftrag gegeben worden, zum Anderen ist bei der Herstellung der reale (= inflationsbereinigte) Produktionswert pro Film um beinahe ein Drittel der Kosten gesunken.

Hersteller fiktionaler Programme sind überwiegend mittelständische Filmproduktionen, deren – oft einzige – Auftraggeber die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten sind, die damit eine dominierende wirtschaftliche Marktmacht besitzen. Drastische Kürzungen der Herstellungsbudgets, stagnierende oder sinkende Gagen/Honorare, die Verdichtung der Arbeitsleistung durch eine Reduzierung der Produktionstage bei gleichzeitiger Erhöhung der täglichen Arbeitszeit schaffen für Kreative, Produzenten und weitere Filmschaffende immer öfter Arbeitsverhältnisse am Rande der sozialen Verträglichkeit. Programmqualität wird unter diesen Bedingungen zu Lasten der Produzenten und Urheber aufs Spiel gesetzt, das Ausschöpfen von Innovationspotenzialen blockiert. Hinzu kommt, dass die Sendeanstalten gleichzeitig ihre Nutzungs- und Verwertungsmöglichkeiten der Filme erweitern, jedoch vermehrt nur noch Einmalvergütungen mit der alternativlosen Abgabe aller weiteren Rechte anbieten. Bereits im letzten KEF Bericht bemerkte die Kommission hierzu: „Die ARD-Rundfunkanstalten erbringen die zusätzlichen Einsparungen insbesondere in den Bereichen Urheber- und Leistungsvergütungen sowie Auftrags- und Ko-Produktionen.“ Dies darf nicht so weitergehen!

ARD und ZDF haben in ihren Anmeldungen zum Programmaufwand für 2017 – 2020 einen Mehrbedarf von 337,5 Mio.€ angemeldet, der endlich ausgewogeneren Vertragsbedingungen bei Fernsehauftrags- und Kino-Ko-Produktionen ermöglichen und das heißt: finanzieren soll. Von diesem Mehrbedarf hat die KEF wegen nicht ausreichend nachgewiesener Berechnungen des Mehrbedarfs jedoch nur 75% genehmigt. Wir anerkennen ausdrücklich das Bemühen der Anstalten, mit diesen Anmeldungen die fatale Entwicklung der letzten Jahre im Programmbereich umzukehren und dem Programm und damit dem eigentlichen Auftrag der Anstalten wieder mehr Bedeutung zukommen zu lassen. Und wir danken der KEF dafür, dass sie diese Gegebenheiten erkannt und den Mehrbedarf im Programmbereich mit immerhin 75% anerkannt hat.

Wir sind allerdings der Überzeugung, dass der von ARD und ZDF für die Gebührenperiode 2017 – 2020 angemeldete Mehraufwand materiell in der Tat in voller Höhe berechtigt war und auch weiterhin erforderlich ist, um die Fehlentwicklungen der letzten Jahre umzukehren und dem Programm im öffentlich-rechtlichen Fernsehen wieder die Bedeutung und Wertigkeit zukommen zu lassen, auf die die Bürger zu recht Anspruch erheben. Aufgrund des ermittelten Gebührenüberschusses von 542,2 Mio.€ fordern wir deshalb, den angemeldeten Mehrbedarf unter Nachweis der Verwendung zu 100%, also mit 337,5 Mio.€, anzuerkennen. Weitere 200 Mio.€ sollten als Rücklage für den ab 2021 zu erwartenden finanziellen Mehrbedarf genutzt werden. Die verbleibende Differenz zum Gesamtüberschuss sollte als Innovationsförderung in das Programm fließen, und hier vor allem in hochwertige fiktionale Auftrags- und Kino-Ko-Produktionen, die das Potential auch für den internationalen Markt haben sollten.

Wir plädieren dafür, den Rundfunkbeitrag weder zu senken noch die Mehreinnahmen ausschließlich als stille Reserve für den leider aufgrund von Pensions- und Verwaltungskosten- Lasten noch immer wachsenden Finanzbedarf der Sendeanstalten zu nutzen. Die überschüssigen Mittel sollten den Sendeanstalten zweckgebunden für Programminnovationen überlassen werden. Eine Investition in die Auftrags- und Ko-Produktion von Filmen wäre ein Gewinn für Alle.

Von einer Bereitstellung eines zusätzlichen Postens für fiktionale Programme aus dem von der KEF für 2017 – 2020 ermittelten Gebührenüberschusses würden nach unserer Überzeugung auch die deutschen Sendeanstalten langfristig profitieren und auf dem internationalen Markt konkurrenzfähig bleiben. Zudem würde die Haushaltsabgabe beim Beitragszahler auf größere Akzeptanz stoßen, da er unmittelbar einen Gegenwert erkennen kann. Ein weiterer positiver Effekt wäre, dass die Länder durch die Auslastung von Filmproduktionsfirmen und fair bezahlten Produzenten sowie endlich angemessen vergüteten Urhebern höhere Rückflüsse in Form von Steuern, Abgaben und Ausgaben im Wirtschaftskreislauf erhielten.

Wir bitten Sie nachdrücklich, diesen Vorschlag zur Verwendung der Mehreinnahmen zu berücksichtigen, der dem Gebührenzahler, den Urhebern und Programmherstellern und den Anstalten hilft. Auf jeden Fall aber: verzichten Sie bitte auf eine Senkung der Haushaltsabgabe!

Die Vorstände der Verbände

Verband der Agenturen für Film, Fernsehen und Theater e.V. (VdA)
Bundesverband Regie e.V. (BVR)
Verband Deutscher Drehbuchautoren e.V. (VDD)
Kinosektion der Allianz Deutscher Produzenten – Film & Fernsehen e.V.
Berufsverband Kinematografie e.V. (BVK)
Bundesverband Schauspiel e.V. (BFFS)
Spitzenorganisation der Filmwirtschaft e.V. (SPIO)
Verband Deutscher Filmproduzenten e.V. (VDFP)