25 plus – Interview mit Nadine Baier

25 plus – Interview mit Nadine Baier

Kommunikation ist der Schlüssel Nadine Baier im Interview

… 2023 feierte der Verband der Agenturen seinen 25. Geburtstag. Mit „25 plus“ setzt der VdA seine kleine Interviewreihe aus dem letzten Jubiläumsjahr fort. Der 1998 gegründete Verband steht nicht nur für ein Vierteljahrhundert leidenschaftlicher und engagierter Verbandsarbeit zur Stärkung und Qualitätssicherung des Berufsbilds von Künstleragent*innen und deren Anliegen. Auch die aktuellen filmpolitischen und gesellschaftlichen Herausforderungen prägen deren Agentur-Alltag. Nadine Baier (Agentur CrissCross) erhielt im Rahmen von „25 Jahre VdA“ im letzten Jahr das „Bernhard-Hoestermann-Stipendium“. Ein Jahr später spricht sie über das erste Jahr im Verband, das Profil von CrissCross und was sie antreibt und motiviert, den Agent*innenberuf mit Leidenschaft auszuüben …

25 plus – Das 5 Fragen-Interview

Nadine Baier: Kommunikation ist der Schlüssel

 

Vor einem Jahr hast Du in München anlässlich des 25-jährigen Jubiläums des VdA das „Bernhard-Hoestermann-Stipendium“ für Nachwuchsagenturen erhalten. Wie ist es Dir und der Agentur seither ergangen – und wie konnte die einjährige VdA-Mitgliedschaft Dir seitdem helfen?

Wow, es kommt mir vor wie gestern – erst einmal kommt hier das Gefühl von ganz viel Dankbarkeit auf. Wir haben im letzten Jahr sehr viel Zuspruch erhalten, hatten einen wundervollen Austausch. Unsere Mentor*innen Beate und Esther (Agentur Hoestermann) hatten immer ein offenes Ohr für uns. Auch der Vorstand und andere Agent*innen haben uns ihre Unterstützung angeboten. Das war und ist ein sehr schönes Gefühl, einen starken Verband im Rücken zu haben und so viel Expertise um sich zu wissen. Seitdem haben wir neue Sichtweisen auf die Branche gewonnen. Das Jahr war sehr bereichernd, wir konnten viel mitnehmen und umsetzen. Die Branche ist im Wandel und sie muss ganzheitlich und ganz individuell betrachtet werden. Selten hatten wir so viele Themen gleichzeitig auf dem Tisch wie heute und da gilt es hinzuschauen und nach Lösungen zu suchen. Ins Handeln kommen. Ich bin grundsätzlich eine positiv eingestellte Person und blicke voller Zuversicht in die Zukunft. Wir haben in der Coronazeit gegründet – deshalb haben wir erst einmal ein dickes Fell.

Du hast vor der Agenturgründung als Schauspielerin und Journalistin gearbeitet. Warum hast Du Dich entschieden, den Beruf einer Künstleragentin zu ergreifen?

Ich sage immer: „Leben ist das, was passiert, während du eifrig dabei bist, andere Pläne zu machen.“ Und ungefähr so war es auch in diesem Fall. Nach einigen Schicksalsschlägen und Großereignissen und der darauffolgenden Auseinandersetzung mit den eigenen Zielen und Wünschen wurde für mich Einiges klar. Ich wollte das tun, was ich schon immer am besten konnte. Und dazu gehörte auch, das Potential anderer zu erkennen und sichtbar zu machen. Unterstützen, empowern, für andere einstehen. Außerdem hatte ich einen langen Weg hinter mir, was meine eigene Identität anbelangt. Meine persönlichen, vielfältigen Erfahrungen – syrische Wurzeln, acht Jahre in Paris, nie richtig in ein Schema passen – führten dazu, dass ich tiefer darauf eingehen wollte. Ich hatte mich zunächst der Aufbauarbeit von jungen Talenten in einer Werbeagentur angenommen, bis ich dann selbst gründete. Gemeinsam mit Olli Schulz bildeten wir ein Team, das alle Bereiche abdecken sollte.
Der Beruf der Agentin kam also förmlich auf mich zu. Er verbindet alles, was ich im Leben mag. Menschen zu vernetzen, Sprachrohr zu sein, zu verhandeln – all das liegt mir im Blut. Wir sind als Agent*innen im Prinzip mitverantwortlich für wichtige Entscheidungen im Leben anderer, und das nehmen wir sehr ernst. Zusammen mit meinem Partner Olli Schulz, der maßgeblich an der Betreuung des Ensembles beteiligt ist und mit seiner Expertise einen wesentlichen Teil beiträgt, und unserer wundervollen PR-Beraterin Karin Kleibel, die von Anfang an an unserer Seite war, wollen wir unseren Klient*innen Stärken und Wege aufzeigen bzw. sie auf Augenhöhe begleiten.

Mit welchen Zielen und in welchen Schritten hast Du Dein Agenturprofil entwickelt?

Das ging alles ganz schnell. Mein Ziel war es, eine Agentur zu schaffen, die unsere Gesellschaft abbildet, ein Ensemble mit wunderbaren Menschen und diversen Geschichten. Ich wollte an den Erfahrungen wachsen und den Beruf mit Leidenschaft ausüben. Dazu gehören eben auch ein Netzwerk und der Austausch mit dem Verband. Wir möchten aktiv an einer bunten und vielfältigen Gesellschaft mitarbeiten und fangen bei uns im Kleinen an. Die derzeitige Entwicklung sehen wir als Bereicherung und gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Diversität sollte nicht mehr als Werbegag behandelt, sondern als gerechte Teilhabe aller Menschen in der Gesellschaft gelebt werden. Mit dem Ensemble tragen wir dazu unseren Teil bei. Es geht um Identität. Die Frage nach dem „Wer bin ich?“ und „Wo will ich hin?“ ist zentral für alle Schauspieler*innen, und wir sehen uns als Wegbegleiter, die nicht nur verwalten, sondern aktiv gestalten.

Welche Erfolge, welche Herausforderungen prägen aktuell Deinen Agenturalltag?

Ich bin der Meinung, was lange währt wird endlich gut. Ich denke, man braucht in künstlerischen Berufen – und wir sind ja als Sparringspartner der Klient*innen im selben Boot – gute „Vibes“, Know-how, Empathie und Mut und einen langen Atem. Kommunikation ist der Schlüssel. Und damit meine ich nicht nur die unabdingbare Kommunikation zwischen Schauspieler*in und Agent*in, sondern die Auseinandersetzung mit den Themen, die gerade auf dem Tisch liegen. Die Stimmung in der Branche ist derzeit tatsächlich etwas angeschlagen. Die größte Herausforderung ist meiner Meinung nach, den Blick fürs Wesentliche und für die Qualität (die sich immer durchsetzen wird) nicht zu verlieren. Es kommen wieder bessere Zeiten, da bin ich sicher.

Was würdest Du – nach einem Jahr im VdA – jungen Menschen sagen, warum der Beruf von Agent*innen spannend und zukunftsweisend ist?

Wer es liebt, wie eine Löwin zu kämpfen und Dinge bewegen möchte, der ist hier genau richtig. Wir stehen gesellschaftlich vor großen Herausforderungen und ich glaube fest daran, dass wir Geschichten brauchen und Menschen, die diese Geschichten gemeinsam mit anderen erzählen. Und es ist spannend und lohnend, diese Menschen zusammenzubringen.

Foto: Nadine Baier © Mirjam Knickriem