01 Feb 2015 Normalvertrag Bühne – Neuerungen
VdA-Vorstand Brigitta Watzka zu den Neuerungen des Normalvertrag Bühne, 2015 zwischen der Bühnengenossenschaft und dem Bühnenverein vereinbart.
Wie traurig, wie traurig. Im Sommer des Jahres 2015 beschlossen die GDBA, Gewerkschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger, und VdO, Vereinigung deutscher Opernchöre und Bühnentänzer e.V., mit dem Deutschen Bühnenverein eine Änderung des § 60 im Normalvertrag (NV) Bühne. Da sich nach Aussagen dieser drei Gruppen in den letzten Jahren vor allem im Schauspielbereich das Vermittlungsgeschäft durch Agenturen erheblich verstärkt hatte, sah man sich veranlasst, sich auf eine Neuformulierung von § 60 Normalvertrag Bühne zu verständigen. Zwar wird an dem Grundsatz festgehalten, dass die Vermittlungsgebühr seitens des Arbeitgebers und seitens des Künstlers je zur Hälfte getragen wird. Es wird aber ausdrücklich festgestellt, dass diese Zahlungsverpflichtung nur besteht, wenn entweder die Übernahme der Hälfte der Vermittlungsgebühr durch den Arbeitgeber im Arbeitsvertrag vereinbart wird oder der Vermittler auf Anfrage des Arbeitgebers den Namen des vom Arbeitgeber engagierten Künstlers diesem bekannt gemacht hat. Ist also die Übernahme der Hälfte der Vermittlungsgebühr nicht im Arbeitsvertrag vereinbart und wurde der Schauspieler dem Theater nicht von der Agentur vorgeschlagen, scheidet die Übernahme der Hälfte der Vermittlungsgebühr aus. Wenn also eine Agentur echte Verhandlungsleistungen für die zu vermittelnden KünstlerInnen erbringt, so die GDBA, muss die Agentur im Rahmen dieser Verhandlungen außerdem darauf achten, dass diese Verhandlungsleistung vertraglich berücksichtigt wird. In der Musterverträgen lautet der entsprechende Paragraph (sowohl für öffentliche Theater als auch für Privattheater): § 5 Der Arbeitgeber beteiligt sich/beteiligt sich nicht an der Vermittlungsgebühr. Soweit sich der Arbeitgeber nach Satz 1 oder ohne eine entsprechende Vereinbarung nach Satz 1 in direkter Anwendung des § 60 NV Bühne an einer gegebenenfalls anfallenden Vermittlungsgebühr beteiligt, ist er berechtigt, die auf das Solomitglied entfallende Hälfte der Vermittlungsgebühr von insgesamt … vom Hundert des gebührenpflichtigen Arbeitsentgelts einzubehalten und an die Bühnenvermittlung abzuführen.
Wir alle wissen, dass ein Theater sich recht selten an uns unabhängige Agenturen wendet und eine Anfrage stellt hinsichtlich einer möglichen Besetzung mit einem unserer Klienten. Meist sucht ein Theater zuerst den Kontakt zum Künstler/zur Künstlerin direkt und erst dann werden wir Agenturen mit einbezogen. Und schon ist die Voraussetzung, wie oben dargestellt, für eine Vermittlung für uns Agenturen nicht mehr gegeben. D.h. auch wenn der Schauspieler seine Agentur mit der Bearbeitung des Vertrags beauftragt, würde das Theater die Hälfte der Provision nicht übernehmen – der Schauspieler bleibt für die Zahlung alleine verantwortlich. Dabei verstehen wir uns auch in solchen Fällen als Vermittler. Vermittler einer Partnerschaft, basierend auf einem zeitlich begrenzten Vertrag zwischen Arbeitnehmer (unserem Klienten) und Arbeitgeber (dem Theater). Somit sind wir Teil dieser Arbeitsbeziehung über die gesamte Laufzeit des von uns verhandelten Vertrages.
Diese Änderung des Tarifvertrages hat nichts mit dem Alltag zwischen Theatern und den unabhängigen Agenturen zu tun. Sie entfernt uns, das Theater und die unabhängigen Agenturen, voneinander. Es ist ein Schritt, den wir für zu kurz gedacht und engstirnig halten angesichts des digitalen Zeitalters und der sich damit verändernden Tätigkeitsfelder und Rahmenbedingungen für SchauspielerInnen.
Wir würden uns wünschen, dass insbesondere die GDBA und der Deutsche Bühnenverein uns Agenten nicht nur als vermittelnde Auskunftsbüros sehen, sondern uns als Interessensvertreter und vorrangig als Förderer der KünstlerInnen wertschätzen, von deren Erfolg sowohl der Künstler selbst, wir Agenturen als auch die Theater profitieren. Wir wünschen uns, dass wir uns gemeinsam für die künstlerische Entwicklung interessieren, begeistern und darin bestärken, dass wir Agenturen von unseren Gegenübern darin unterstützt werden, unseren Klienten Möglichkeiten zu eröffnen, in verschiedenen Medien tätig zu sein, und sich so einem größeren Publikum präsentieren zu können. Eine vielfältige Präsenz des Schauspielers/der Schauspielerin auf unterschiedlichen Plattformen kommt doch auch den jeweiligen Theaterhäusern zugute. Denn sie, die Schauspieler und Schauspielerinnen, sind schließlich das Gesicht der Theater.
Seitens Jörg Löwer, dem Präsidenten der Hauptgeschäftsstelle der Gewerkschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger u.a., können organisatorische Leistungsangebote der Agenturen nach deren Auffassung nicht berücksichtigt werden. Ich wünsche mir, Jörg Löwer erkennt, dass unsere Arbeit nicht nur aus organisatorischen Leistungsangeboten besteht, sondern im Besonderen in der Förderung des Schauspielers/der Schauspielerin und der Vertretung seiner/ihrer Interessen. Und da sicherlich einige unserer Klienten auch Mitglied in den oben genannten Gewerkschaften/Verbänden sind, wäre es doch mehr als wünschenswert, uns als Partner bei Diskussionen und Entscheidungen über die Belange der KünstlerInnen mit einzubeziehen und uns einen Platz an ihren „Gesprächstischen“ anzubieten.
Brigitta Watzka, Vorstand VdA