20 Dez 2018 Rückblick 20 Jahre VdA
Rückblick auf das Jubiläumsjahr 2018
Das Jahr 2018 stand für den Verband im Zeichen des 20-jährigen Jubiläums. Nach zwei Jahrzehnten lohnte sich ein Blick zurück, um sich in Erinnerung zu rufen, wie alles begann.
Bis Mitte der 90er Jahre war die gesamte Arbeitsvermittlung, nicht nur die der Künstleragenturen, eine staatliche Aufgabe und lag in der Hand der Bundesanstalt für Arbeit, die gesetzlich das Monopol darauf beanspruchte. Im Bereich der Künstler-Arbeitsvermittlung hatte die Bundesanstalt 18 Agenturen eine Lizenz erteilt, die es ihnen erlaubte, unter ihrer Aufsicht tätig sein zu dürfen. Darunter waren keine Agenturen, die sich später im VdA organisiert haben, da diese sich größtenteils erst später gründeten. Einige der Agenturen, die mit einer Lizenz der Bundesanstalt arbeiteten, schlossen sich 1990 zum Verband Deutscher Schauspieleragenturen (VdSA) zusammen. Es war ein kleiner, exklusiver Kreis, der nach eigenem Bekunden auch nicht anwachsen wollte, um unter seinen Mitgliedern immer einen persönlichen Kontakt zu gewährleisten. Als 1994 das Vermittlungsmonopol fiel und eine ganz neue Generation von Schauspieleragenten auf den Markt drängte, blieb der Verband bei seiner restriktiven Haltung zur Aufnahme neuer Mitglieder.
Zum einen fanden die neugegründeten Agenturen keine Aufnahme in den bestehenden Verband, zum anderen waren sie auch in ihrem Selbstverständnis zu verschieden im Hinblick auf die dort organisierten Kolleginnen und Kollegen. Bernhard Hoestermann, Sigrid Narjes, Carola Studlar, Mechthild Holter und Marlis Heppeler waren dann die ersten, die sich als „Agenten einer neuen Generation“ zusammenschlossen, zunächst um gemeinsam während der Berliner Filmfestspiele einen Branchenempfang zu geben, erstmals im Jahr 1997. Aber schon im Herbst 1997, während der Hofer Filmtage, initiieren sie ein Treffen mit weiteren Kollegen und diskutieren die Frage der Gründung eines neuen Agenturenverbandes, denn sie wollten in der Medienlandschaft politisch aktiv sein, um sich in film- und medienpolitischen Fragen zu engagieren, und zwar auch für die Interessen ihrer Klienten (Schauspieler), die zu diesem Zeitpunkt noch keinen eigenen schlagkräftigen Berufsverband hatten. Der Kopf und Motor dieser Bewegung war Bernhard Hoestermann, dem es gelang, 16 Gründungsmitglieder für eine Verbandsgründung zu mobilisieren. Er war Gründungsvorstand für zwei Jahre, wurde direkt danach für weitere drei Jahre im Amt bestätigt und nach einer dreijährigen Pause 2006 erneut in den Vorstand gewählt. So hat er insgesamt acht Jahre lang mit außergewöhnlicher Hingabe seine Zeit, seine Energie, seine Professionalität und all sein profundes fachliches Wissen dem Verband zur Verfügung gestellt und ihn damit nachhaltig geprägt. 2015 verstarb Bernhard Hoestermann völlig überraschend mit nur 53 Jahren. Zu seinem Gedenken haben wir in diesem Jubiläumsjahr des Verbandes ein Stipendium zur Nachwuchspflege geschaffen.
Der VdA war von Anfang an ein arbeitender Verband. Was tut er so im Einzelnen?
Gleich bei der Gründungssitzung wurden Arbeitsgruppen gebildet, die Initiativen oder Projekte des Verbandes vorbereiteten oder unterstützend begleiteten. In regelmäßigen Fortbildungen wurde das Fachwissen der Mitglieder angepasst und erweitert. Der Verband beobachtet kontinuierlich den Markt für Film, Fernsehen, VoD-Anbieter und Theater und gibt seine Erkenntnisse an die Mitglieder weiter. Er nimmt dort Einfluss, wo die Interessen von Agenten berührt sind. Mit anderen Verbänden im film- und medienpolitischen Raum ist der VdA sehr gut vernetzt und tauscht sich fachlich aus. In unregelmäßigen Abständen ruft er andere Kreativverbände zu Round Table Gesprächen zusammen, aus denen dann gemeinsame Aktionen entstehen können, wie z.B. 2015 mit dem Protest gegen Kürzungen beim Förderetat des DFFF, auf den die Bundesregierung mit einer nachträglichen Erhöhung reagiert hat oder 2016 mit dem Offenen Brief von acht Kreativverbänden der Filmwirtschaft, in dem die für den Rundfunkbeitrag zuständigen Regierungen der Länder aufgefordert werden, mehr Investitionen für ein besseres Programm zu tätigen.
Damit man sich einen Überblick verschaffen kann, was im Verband in den 20 Jahren seines Bestehens geschehen ist, haben wir eine Chronik auf der Webseite veröffentlicht, in der alle herausstechenden Verbandsaktivitäten gelistet werden. Es lässt sich daraus auch ableiten, was uns bewegt und wofür wir stehen. Wir sind dafür, dass Filme „fair“ produziert werden und wir unterstützen auch die Initiative „GREEN SHOOTING“. Wir sind für Inklusion und Diversität in der Besetzung und wurden daher Partner der Einrichtung ROLLENFANG für Schauspieler*innen mit Behinderung. Wir gehörten zu den ersten, die nach Bekanntwerden sexueller Übergriffe im Arbeitsbereich Film, zusammen mit dem BFFS und weiteren Verbänden die Einrichtung einer überbetrieblichen Beschwerdestelle „THEMIS“ vorangetrieben und erreicht haben.
Der Verband der Agenturen für Film, Fernsehen und Theater (VdA) hatte sich zum Ziel gesetzt, das Ansehen des Künstleragenten in der Branche und der Öffentlichkeit zu verbessern. Das war dem Gründer Bernhard Hoestermann ein besonderes Anliegen. Daher gehörte es zu den ersten Aufgaben des Verbandes, ein klar definiertes Berufsbild zu erstellen, das unser Selbstverständnis ausdrücken und nach Außen tragen sollte. Trotzdem es gesetzlich so gut wie keine Vorgaben für die Eröffnung einer Agentur mehr gibt, sollte man als Agent/-in doch bestimmte Qualifikationen mitbringen. Anlässlich des Jubiläums haben wir das Berufsbild überarbeitet und angepasst und es auch auf der Verbandswebseite veröffentlicht.
Eng verbunden mit dem Berufsbild sind unsere Werte. Die Mitglieder des VdA haben sich freiwillig auf ethische Standards verständigt, denen sie sich verpflichtet fühlen und die sie bestrebt sind, in ihrer Berufsausübung gegenüber ihren Klienten, gegenüber der Branche und auch gegenüber Kollegen, insbesondere im Verband, einzuhalten. Damit soll die Mitgliedschaft im VdA sozusagen einem Gütesiegel entsprechen.
Es gibt etliche weitere Beispiele für unsere Positionierungen: Der VdA setzt sich für die Einhaltung von fairen Vergütungsregeln für die Kreativen ein. So hatte er bereits im Jahr 2014 eine Initiative zur Begrenzung von Sondergagen gestartet, wonach Mitgliedsagenturen in ihren Verhandlungen für fiktionale TV-Auftragsproduktionen der großen Sender ARD, ZDF, ProSieben, Sat.1 und RTL, keine Gage unter 1.000,- Euro mehr akzeptieren. Und noch bevor im Tarifvertrag jetzt auch die Mitwirkung von Schauspielern in Hochschulfilmen geregelt wurde, wehrte sich der VdA dagegen, dass die Filmhochschulen Schauspieler als ehrenamtliche Mitarbeiter verpflichten wollten, um das Mindestlohngesetz zu umgehen.
Als letztes Thema im Jubiläumsjahr steht die Frage, wo wollen wir hin? Was sind die nächsten relevanten Themen auf unserer Agenda?
Trotz Wegfall gesetzlicher Voraussetzungen oder Genehmigungen für die Tätigkeit als Agent/-in, gibt es doch gesetzliche Vorgaben für diesen Beruf, an die sich ein guter Agent halten wird, auch wenn ein Teil dieser Regelungen der Rechtswirklichkeit seines Berufes widerspricht. Dazu gehört, dass es keine speziellen Regelungen für Künstleragenturen gibt, sondern der Gesetzgeber die Künstlervermittlung wie die normale Arbeitsvermittlung behandelt. Zwingende gesetzliche Vorgabe ist beispielsweise, dass ein Agent/Agentin seine/ihre Klienten nicht exklusiv an seine Agentur binden darf. So eine Vorschrift mag sinnvoll sein, wenn “normale“ Werktätige aus der Arbeitslosigkeit heraus zurück in eine Festanstellung gebracht werden sollen, nicht aber, wenn eine künstlerische Karriere aufgebaut wird. So eine Regelung ist für die Künstlervermittlung absolut ungeeignet. Sie schadet Agenten und schützt auch nicht die Künstler. Das Verbot der Exklusivität muss wegfallen.
Es gibt noch weitere Vorgaben des Gesetz- bzw. Verordnungsgebers, über deren Sinnhaftigkeit noch einmal nachgedacht werden muss. Die Arbeitsvermittlervergütungsverordnung deckelt in zweifacher Weise die Provisionen von Agenturen. Die Prozentsätze, die sie für Provisionen ausweist, sind inklusive der Mehrwertsteuer festgelegt. Seit es diese Verordnung gibt, wurde jedoch schon zwei Mal der Mehrwertsteuersatz erhöht, so dass sich die reine Provision der Agenturen mit jeder Erhöhung gemindert hat.
Wenn man jetzt noch in Betracht zieht, dass bei Beschäftigungen, die über 12 Monate hinausgehen, die Provision auf einen Jahresverdienst beschränkt ist, wird einem schnell klar, dass diese Deckelung überhaupt nicht die Realität der Agenturarbeit abbildet, die neben der Arbeitsvermittlung des Engagements zusätzlich in einer andauernden, umfassenden Betreuung des Künstlers besteht. Auch wenn das Engagement z.B. in einer Serie über mehrere Jahre besteht und die Agentur auch all die Jahre weiterhin für den Schauspieler mit diversen Dienstleistungen tätig ist, erlaubt die Arbeitsvermittlervergütungsverordnung nicht, dass diese Leistungen von der Agentur in Rechnung gestellt werden können. Um nach dem 12.Monat noch Agenturprovision bekommen zu können, muss man sich sehr kompliziert mit seinen Klienten im Agenturvertrag vereinbaren. Stattdessen sollte die Verordnung lieber an die Realitäten der Künstlervermittlung angepasst werden und ihren Besonderheiten Rechnung tragen. Das brächte mehr Rechtssicherheit für die Agentur und Klarheit für den Künstler.
Die Zukunft des Fernsehens und des Kinos
Eine Priorität, die von außen auf uns Agenten zukommt, ist, dass wir nicht wissen, wie lange es das herkömmliche Fernsehen als großen potenten Auftraggeber von fiktionalen Stoffen noch geben wird, was es evtl. ersetzen wird und wie sich die Zukunft des Kinos gestaltet. Von diesen zentralen Fragen wird es aber abhängen, ob unsere Klienten und damit auch wir Agenten in zehn Jahren noch Arbeit haben werden und ob wir von unserer Arbeit noch leben können. Im Moment sind wir noch in einer relativ komfortablen Situation, die den Eindruck erweckt, dass mit den neuen Verwertungsmöglichkeiten etwas hinzugekommen ist. Wenn aber der Wettbewerb zwischen linearem Fernsehen und Video on Demand entschieden ist, geht es wieder nach den bekannten ökonomischen Realitäten, die besagen, dass sich alle refinanzieren müssen und damit eine strengere Budgetierung erfolgt. Und letztendlich gibt es ein limitiertes Zeitbudget des Konsumenten, das sich nicht beliebig vergrößern lässt. Und das Geschäftsmodell der VoD-Anbieter ist nicht dauerhaft auf Masse ausgerichtet. Sie müssen keine Programmplätze füllen. Wir werden uns überlegen müssen, wie wir als Agenten mit dieser Situation umgehen wollen und wie wir weiterhin für unsere Klienten ausreichend Arbeit beschaffen können und wie wir Verträge verhandeln, die unter den neuen Gegebenheiten eine angemessene Vergütung beinhalten.
Wie wurde unser Jubiläum von Außen wahrgenommen?
24. September 2018:
RBB Kulturradio: Interview Dirk Fehrecke zu 20 Jahre VdA
Oktober 2018:
Casting Network „cn-special“ – Interview Mechthild Holter
Oktober 2018:
black box, filmpolitischer Informationsdienst, Ausgabe 276 – Interview Malte Lamprecht
01. Oktober 2018:
dpa – Artikel „Ein Jahr #MeToo“
November 2018:
Casting Network „cn-special“ – Interview Paula Birnbaum
Dezember 2018:
Casting Network „cn-special“ – Artikel von Sibylle Flöter
Sibylle Flöter, VdA-Vorstand